Menu
Menü
X

Kirchliche Denkmale

Zeitreise: „Alter Dom“ in Mainz virtuell nachgebaut

Kassettendecke in St. Johannis

Kassettendecke in St. Johannis

Wie sah der Alte Dom in Mainz vor den Weltkriegen aus? Dank einer virtuellen Rekonstruktion der Kirche können sich Besucher auf Zeitreise ins Jahr 1906 begeben.

Die St. Johanniskirche ist eine archäologische Fundgrube in Mainz – auch für Kunsthistoriker. Die Berliner Kunsthistorikerin Bettina Schüpke hat nun das private Archiv des Glasmalers Otto Linnemann in Frankfurt für ihre Doktorarbeit systematisch erforscht. Mehr als 150 Entwürfe Linnemanns sind hier enthalten: Sein Atelier entwarf Glasfenster, Wandmalereien und Kirchenausstattungen. Es war damals das führende Atelier für Historismus und Jugendstil. Auch aquarellierte Bleistiftentwürfe der St. Johanniskirche aus dem Jahr 1907 sind dabei.  Viele Werke sind im Zweiten Weltkrieg zerstört worden, auch die vier Fenster der St. Johanniskirche. Eine Bombe war in unmittelbarer Nähe der Kirche eingeschlagen und hatte sie zerbersten lassen.

Farbliche Rekonstruktionen jetzt möglich

Schüpkes Arbeit machte es möglich, die bisher nur durch Schwarz-Weiß-Fotografien dokumentierten Malereien farblich nachzustellen. Dr. Marc Gellert von Architectura Virtualis in Darmstadt rekonstruierte Linnemanns Entwürfe am Computer und übertrug die Zeichnungen auf Modelle. „Die atemberaubende KasSettendecke“ können Besucher künftig bei Gruppenführungen mithilfe von  3D-Cookies anschauen, erläutert Gregor Ziorkewiczs, Pfarrer für Stadtkirchenarbeit an St. Johannis. 
Neben der filmischen Darstellung wird die Baugeschichte von St. Johannis auch durch haptische Schnittmodelle visualisiert, die die Bauphasen von außen und innen zeigen. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN)  hatte die virtuelle Rekonstruktion der Bauphasen im Rahmen eines Projekts initiiert. 

Zur Geschichte 

Laut Dr. Guido Faccani, dem Wissenschaftlichen Forschungsleiter an St. Johannis, geht die Geschichte der Kirche einher mit den Ursprüngen des Christentums in Mainz. So gab es einen Paradiesgang, der einst unterirdisch vom Alten zum „neuen“ Dom führte. Ab 1792, als Mainz zu Frankreich gehörte, wurde die Kirche säkularisiert und diente als Strohlager und Militärdepot. Erst 1828 übernahm die evangelische Gemeinde die Kirche. Bis 1905, als die Christuskirche eröffnet wurde, war sie die einzige evangelische Kirche in Mainz.

Im Sommer 2013 waren bei Restaurierungsarbeiten Reste eines Pfeilers aus merowingischer Zeit (7. Jahrhundert) in St. Johannis entdeckt worden. Bei Grabungen kamen Mauern und Bodenreste der Antike und des Frühmittelalters zum Vorschein, ebenso Bestattungen inner-halb und außerhalb der Kirche. Zahlreiche Funde haben die Forscher seither begeistert und stießen auf großes Interesse bei bisherigen öffentlichen Terminen – wie der Nacht der offenen Kirchen oder dem Tag des offenen Denkmals. 


top