Reformationsgottesdienst in Oppenheim stand ganz im Zeichen der Hoffnung
„Trotz alledem – Der Verzweiflung die Stirn bieten“
Der Reformationsgottesdienst in der Oppenheimer Katharinenkirche ist nicht nur wegen seines anspruchsvollen musikalischen Programms jedes Jahr sehr gut besucht, er inspiriert auch mit seinen besonderen Predigten. In diesem Jahr zog sich das Thema „Hoffnung“ wie ein roter Faden durch den gesamten Gottesdienst – gerade, weil die politische und ökologische Weltlage so düster erscheint.
„Mitten in der Enge der Angst, tut sich der Horizont auf“
Auf der prächtigen Sandsteinkanzel des Oppenheimer Gotteshauses stand in diesem Jahr die Pröpstin für Rheinhessen und Nassauer Land, Pfarrerin Henriette Crüwell. Unter dem Motto „Mandelzweig trifft Apfelbaum“ rief sie dazu auf, der Verzweiflung, die derzeit in so vielen Gesichtern wohne, die Stirn zu bieten, „indem wir aufeinander achten, miteinander weinen und leise, aber bestimmt gemeinsam immer wieder aufs Neue sagen: ‚Ja, trotz alledem!‘“ Denn mitten in der Verzweiflung gibt es Trost: „Mitten in der Enge der Angst tut sich der Horizont auf, weil Gott seine Ewigkeit in unser Herz hineinlegt, jeden Tag neu.“ Und sie verwies auf die befreiende Erkenntnis Martin Luthers, „dass wir Menschen die Zukunft nicht selbst in der Hand haben, sondern Gott mit seiner Gnade in unserer Schwachheit mächtig ist“.
Von der Hoffnung wider alle Hoffnung
Zu diesem besonderen Gottvertrauen Luthers passe auch, so die Pröpstin, „eine schöne Legende, nach der der große Reformator einmal gesagt haben soll: ‚Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen!‘“. Als ein weiteres Zeichen dafür, „dass das Leben stärker ist als die Angst und die Verzweiflung“, führte die Pröpstin außerdem ein 1942 von dem jüdischen Schriftsteller Schalom Ben-Chorin verfasstes Gedicht auf. Dieses 1981 vertonte Gedicht sei heute eines der tröstlichsten Lieder im Kirchengesangbuch, denn die in den schlimmsten Zeiten der Verfolgung des jüdischen Volkes gedichtete Textzeile „Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, dass das Leben bleibt“, weise darauf hin, dass das Leben jeden Tag aufs Neue nicht anders könne, als trotz allem zu leben. Und sie verwies auf den Propheten Jeremia, der in der Bibel diese Hoffnung wider alle Hoffnung durchbuchstabiere und an der Seite derer stehe, die sich immer und immer wieder zur Hoffnung durchringen „und ihr Apfelbäumchen pflanzen. Trotz alledem.“
Apfelbäumchen für die Nachbarschaftsräume des Dekanats
Passend zum Thema des Reformationsgottesdienstes schmückten übrigens Apfelbäumchen die Apsis der Katharinenkirche. In seiner Begrüßung erklärte der Dekan des Dekanats Ingelheim-Oppenheim, Pfarrer Olliver Zobel, dass diese „pflanzlichen Hoffnungsträger“ bei der bevorstehenden Synode des Dakanats am 17. November 2023 ein Geschenk für die Nachbarschaftsräume des Dekanats seien, über deren Zuschnitt die Synode an diesem Tag entscheiden werde. Und als ein konkretes Hoffnungszeichen für die Menschen im Nahen Osten, wurde die Kollekte einer israelischen und palästinensischen Organisation gewidmet.
Mendelssohn Bartholdy zum Ausklang
Festlich klang der Gottesdienst mit der Sinfonie Nr. 4 in A-Dur von Felix Mendelssohn Bartholdy aus, gespielt von dem Orgelduo Ralf und Katrin Bibiella. Ein tröstlicher Gottesdienst, ein hoffnungsspendender Gottesdienst, an dessen Liturgie neben Pröpstin Henriette Crüwell und Dekan Olliver Zobel auch der Pfarrer der Oppenheimer Katharinenkirche, Eric Bohn, Hans-Peter Rosenkranz vom Dekanatssynodalvorstand und Dr. Caroline Flick vom Kirchenvorstand der evangelischen Kirchengemeinde Oppenheim mitwirkten. Und natürlich trug nicht zuletzt das musikalische Rahmenprogramm seinen Teil zum Gelingen des Gottesdienstes bei. Zu den Mitwirkenden gehörten ein Posaunenchor, geleitet von Landesposaunenwart Johannes Kunkel, ein Vokalchor unter der Leitung von Propsteikantor Ralf Bibiella sowie Dr. Katrin Bibiella an der Orgel.