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Funkkolleg Religion

Wieviel Religion brauchen wir?

Glaube, Religion, Macht im Format Pecha Kucha

Glaube, Religion, Macht im Format Pecha Kucha

Wie passen Religion, Macht und Politik zusammen? So fragt ab 3. November das hr-INFO-Funkkolleg in 24 Sendungen in einer neuen Themenreihe. Zum Auftakt präsentierten eine Rabbinerin, ein Imam sowie ein katholischer Theologiestudent und andere Redner ihre Position zur Frage: Wie viel Religion brauchen wir?

Offenkundig bewegt das Thema Religion sehr viele Menschen, denn der große Saal in der Evangelischen Akademie Frankfurt war bis auf den letzten Platz besetzt. Und weil große Themen zumeist auch große und viele Worte nach sich ziehen, haben die Veranstalter die Redelänge auf 400 Sekunden begrenzt. Das ist das Präsentationsformat von Pecha Kucha, einer japanischen Präsentationsform, in der 20 Bilder jeweils 20 Sekunden gezeigt werden. In sechs Minuten und 40 Sekunden muss alles gesagt sein. Und gute Bilder erhöhen die Aufmerksamkeit. Manchen gilt Pecha Kucha‬ als die „Erlösung aus langen akademischen Reden, Grußworten und anderen Formen moderner Christenverfolgung“.

Die Rabbinerin und der Stadtplaner

Die Frankfurter Rabbinerin Elisa Klappick stellte sofort eine Verbindung von Glaube und Politik her: Nach den biblischen und jüdischen Quellen stünden alle Bürger unter demselben Gesetz des Staates. Schon das religiöse Gesetz handele vom gerechten Staatswesen. In der Bibel stehe auch der König unter dem Gesetz.  Als es später ein eigenes weltliches Gesetz gab, sei das gerechte Staatswesen immer ein Thema des rabbinischen Judentums gewesen. Michael Guntersdorf, der Stadtplaner der neuen Frankfurter Altstadt, gab dem Glauben einen weiten Raum in der Gesellschaft: „‪Konfessionslos zu sein bedeutet nicht ohne Glauben zu sein.“ Der Staat brauche aber nur solche Gläubige, die mündige Bürger seien. Der Religion selbst traute der Stadtplaner jedoch keine Demokratie zu:  „Demokratie lässt Religion zu - nicht umgekehrt.“

Der Imam und der katholische  Theologiestudent

Mohammed Naved Johari wurde christlich erzogen und konvertierte mit 17 Jahren zum Isalm. Heute ist der Sozialpädagoge als Imam tätig. Johari lobte die Werte, die die Religionen vertreten und der ganzen Gesellschaft nützten. „Die Hoffnung auf und mit Gott gibt einem Stärke.“  „Religion ist keine Privatsache“, meinte Sebastian Kopp. Der junge Mann studiert katholische Theologie und Philosophie an der katholischen Hochschule Sankt Georgen und spricht der Religion „weltveränderndes Potential“ zu. Deshalb habe Religion auch einen Platz in der Politik, meinte Kopp, der Mitglied der Partei Die Linke ist. 

Der Fernsehmoderator

„Nein. Wir brauchen keine Religion“, meinte Philipp Engel, Fernsehmoderator der Sendung „Engel fragt“. Viele Menschen hätten solche Dinge wie Fußball, Urlaub oder Netflix und würden keinerlei Religion vermissen. Engel gestand jedoch ein, dass sich bei manchen am Ende eine „Last Minute Religiosität“ einstelle. Die Kirchen seien nicht ganz unschuldig, dass sie immer leerer würden. Mit ihrem selbstbezogenen „Religionsautismus“ vergraulten die Kirchen alle Rest-Interessierten. „Die Menschen brauchen Geschichten, um etwas zu verstehen.“ Schließlich hätten die Religionen einen gewaltigen Schatz von Durchdringung der Menschheitsgeschichte. „Entspannte Religionen können der Gesellschaft gut tun.“

Die Grundschullehrerin

Zu Philipp Engels Meinung passt ein Zitat seines früheren Fernsehkollegen Robert Lembke: „Im Flugzeug gibt es während starker Turbulenzen keine Atheisten.“ Die Frankfurter Grundschullehrerin Birgit Beele-Saure deutete damit an, dass es kein Leben ohne Religion gibt. „Religion gehört überall da hin, wo Leben stattfindet“. Bei der Frage nach Gott würden alle Kinder mitdiskutieren, unabhängig von ihrem religiösen Hintergrund. Beele-Saure ist sich sicher: „Kinder brauchen religiöses Erleben.“

Die Paläontologin 

Christine Härtler will „mit der Vernunft wissen und mit dem Herzen glauben“. Die Evolutionsforscherin vom Senckenberg Institut sprach über ihre Arbeit an Ausgrabungsstellen in aller Welt. „Das, was wir glauben, gehört zu uns und unseren Arbeitsbedingungen dazu.“ Als Christin werde die von Kollegen anderer Kulturen angesprochen, die Bibel und ihre Arbeit stimmten doch nicht überein. Und sie antworte dann: „Es gibt keinen Widerspruch.“ Sie wolle wissen, wie diese vorzeitlichen Menschen gelebt haben. „Soweit in der Zeit zurück sind wir alle miteinander verwandt.“

[Hans Genthe]


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